Von anfänglicher Skepsis zu engagierten Helferinnen und Helfern: das Quartiersmanagement-Team Sparrplatz blickt auf die Arbeit im Kiez seit 1999 zurück.

Wie verliefen die Anfänge des Quartiersmanagements bei Ihnen im Kiez? Welche Hürden mussten anfänglich überwunden werden?

Das Quartiersmanagement (QM) Sparrplatz startete 1999 als Team aus zwei kooperierenden Auftragnehmern, dem Sozialpädagogischen Institut Berlin (SPI) und dem Kommunalen Forum Wedding e. V. Letzterer hatte schon Jahre zuvor mit der Nachbarschaftsarbeit im QM-Gebiet begonnen. Diese Bekanntheit erleichterte den Einstieg in die Arbeit vor Ort.

Dennoch trafen wir im Quartier auch auf Skepsis bezüglich der Veränderungsmöglichkeiten im Rahmen des QM-Verfahrens. Fragen zu Wünschen und Verbesserungsideen wurden im Rahmen von Umfragen und Studien vor der aktiven QM-Zeit schon häufiger gestellt, so dass von einigen Bewohnern und Bewohnerinnen bezweifelt wurde, dass ein Quartiersmanagement in die konkrete Handlungsebene gehen könnte, also tatsächlich konkrete Projekte finanziert und umsetzt. Deshalb starteten wir mit mehreren Begrünungs- und Bauprojekten im öffentlichen und halböffentlichen Raum, die direkte Veränderungen sichtbar machten. Das steigerte auch den Bekanntheitsgrad des QM-Büros.

Die Durchführung von Planungszellen erwies sich als erfolgreiche Beteiligungsmethode, um Bewohner und Bewohnerinnen für das Gebiet zu aktivieren. Dies erleichterte auch die Gründung der ersten Bürgerjury. Seit 2007 wird das QM-Verfahren im Gebiet Sparrplatz von der L.I.S.T. GmbH durchgeführt.

Rückblickend auf die vielen Jahre Quartiersmanagement: Auf welche Veränderungen oder gelungenen Aktionen im Kiez sind Sie besonders stolz?

Wir hatten das große Glück, über all die Jahre mit engagierten und motivierten Vergabebeiräten und Quartiersräten arbeiten zu können, denen es nicht darum ging, wer die Projektideen eingereicht hat. Vielmehr standen Inhalt und Zielrichtung von Projekten im Fokus der Diskussionen und Entscheidungen und welche Veränderungen diese im Quartier bewirken können.

Die Frage zum Stolz über Erreichtes muss ich an alle Bewohnerinnen und Bewohner und Aktive im Quartier weitergeben, die mit ihrer Offenheit, ihrem Engagement und sehr viel ehrenamtlicher Arbeit vieles überhaupt erst ermöglicht haben. Dies betrifft vor allem die Arbeit des Nachbarschaftsladens im „SprengelHaus“, dessen Betrieb zum großen Teil mit freiwilligen Helfern und Helferinnen aufrechterhalten wurde und wird. Auch ohne die vielen aktiven Vereine mit ihren umfangreichen Angeboten wäre das QM-Ziel, eine positive Quartiersentwicklung, kaum umsetzbar gewesen. Ich glaube aber, dass wir stolz darauf sein können, über den gesamten Förderzeitraum von immerhin gut 17 Jahren hinweg Menschen davon überzeugt zu haben, sich mit ihren Ideen und ihrem Wissen an der Entwicklung von Visionen und Projekten, aber auch an deren Verwirklichung, zu beteiligen.

Die gute Zusammenarbeit mit den bezirklichen Fachämtern und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hat sicherlich dazu beigetragen, das Gesamtverfahren trotz seiner Fristen und Einschränkungen so praxisnah wie möglich zu gestalten.

An welchen Stellen haben das Quartiersmanagement und die eingesetzten Mittel aus dem Programm "Soziale Stadt" besonders effektiv gewirkt?

Mit der Umgestaltung des Sprengelparks und des Nordufers hat das gesamte Quartier an Lebensqualität für die unterschiedlichsten Bewohnergruppen gewonnen. Die Öffnung eines Teilabschnittes des Nordufers für die öffentliche Nutzung sowie die Umwidmung einer Gewerbefläche in eine Grün- und Freizeitanlage (Sprengelpark) konnte nach jahrelangem Ringen gegen unterschiedlichste Widerstände umgesetzt werden. Auch diese Maßnahmen wären ohne Billigung, vor allem aber ohne massive Unterstützung, der verschiedenen Verwaltungen nicht möglich gewesen. Hier hat nicht nur der Einsatz von Mitteln, sondern die Kombination mit einer sozialraumorientierten Arbeitsweise das Gebiet nachhaltig aufgewertet.

Gleiches gilt für das „SprengelHaus“, mit dem dort angesiedelten Nachbarschaftsladen und den vielen Vereinen, die mit ihrem Engagement positiv in das Quartier hinein wirken. Besonders vor dem Hintergrund der florierenden Gewerbeentwicklung im Gebiet, insbesondere in der Tegeler Straße, ist die Sicherung eines nicht kommerziellen Ankerpunktes im Gebiet für ein soziales und nachbarschaftliches Miteinander von großer Wichtigkeit.

Schwieriger ist die Messbarkeit von Effektivität bei den kleineren, oft bildungsunterstützenden Maßnahmen an Schulen oder bei Projekten zur Gesundheitsförderung, die aus unserer Sicht für die individuelle, aber letztlich auch für die gesellschaftliche Entwicklung, ungleich wichtiger sind. Hier bekommen wir das Feedback von den Teilnehmern und Teilnehmerinnen und den Einrichtungen, dass sie durch die Projekte einen besseren Zugang und Nutzen von Bildungsressourcen erfahren haben. Ergebnisse, die gerade bei jüngeren Bewohnerinnen und Bewohnern den Lebensweg nachhaltig verbessern können und insgesamt lokal einen kleinen Teilbeitrag zum Abbau der sozialen Ungleichheit leisten konnten.

Wie geht es jetzt im Quartier weiter? Welche Maßnahmen sind für die Verstetigung geplant (Anmerkung: Der Verstetigungsprozess läuft seit Anfang 2015 bis Ende 2016)?


Mit dem Einleiten der Verstetigungsphase haben wir durch Nachfragen und Interviews mit vielen Beteiligten versucht, Wünsche und Bedarfe für die Zeit nach dem QM zu ermitteln. Über deren Auswertung wurde ein abgestimmter Aktionsplan erstellt, den wir seit Ende 2014 umsetzen.

Eines der wichtigsten Ziele ist es, Strukturen zu hinterlassen, die zukünftig ohne QM und somit bürgergetragen Bestand haben werden. Denn für den quartiersinternen Austausch und die Kommunikation sind der Fortbestand des Bürgergremiums “Runder Tisch Sprengelkiez“, der sich schon vor Beginn der Verstetigungsphase gegründet hat, und die Öffentlichkeitsarbeit durch die Bürgerredaktion essentiell.

Das “SprengelHaus“ als Ankerpunkt im Quartier aufzubauen war ein wichtiger Schwerpunkt der QM-Arbeit und von allen Seiten gewollt. Nun gilt es eine nachhaltige Finanzierung zu finden. Die Frage nach Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern in der Verwaltung wurde mit der Einrichtung von Stadtteilkoordinationen in bereits fünf Bezirksregionen erfolgreich beantwortet. Eine Ausweitung auf alle zehn Bezirksregionen soll folgen. Ab 2017 mit Standort im „SprengelHaus“.

Zu den wichtigsten lokalen Fragen und Problemen wurden flankierende Projekte entwickelt, die noch bis zum Jahresende laufen. Im Rahmen dieser Projekte sollen Arbeit und Abläufe bewohnergetragener Aktivitäten effektiver gestaltet und professionalisiert sowie möglichst neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter gewonnen werden. Dadurch soll sich auch die (zeitliche) Belastung für den Einzelnen verringern. Detaillierte Fragen, beispielsweise zu Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit, wurden in der “Informationsreihe Verstetigung“ thematisiert.

Werden noch helfende Hände gesucht, die bei der Verstetigung helfen können? Was sind die anstehenden Aufgaben?

Engagierte Bewohnerinnen und Bewohner sind nach wie vor willkommen und werden zukünftig mehr gebraucht denn je. Bis Ende des Jahres können beispielsweise noch Ideen für den Kiez aus dem Sprengelkiezfonds 2016 finanziert werden, über die jeweiligen Projekte entscheidet eine Jury bestehend aus Bewohnerinnen und Bewohnern eigenständig. Zudem trifft sich monatlich der „Runde Tisch Sprengelkiez“, ein offenes Bürgergremium, welches sich gemeinsam über den Kiez austauscht und Aktivitäten und Veranstaltungen plant. Es gibt sogar schon eine ehrenamtlich aufgebaute und betreute Webseite zu dem Gremium, die durch Inhalte, Beiträge und Ideen von engagierten Bewohnerinnen und Bewohnern lebt. Das Gremium wird es auch nach dem Abschluss des Quartiersmanagement-Verfahrens geben und es freut sich über neue Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Mit dem fünften “Markt der Ideen“ am 17. November 2016 sind die netzwerkfördernden Maßnahmen vom Quartiersmanagement abgeschlossen. Bei der Veranstaltung verabschiedet sich das Team u. a. mit der Erstaufführung einer Dokumentation über das Quartiersmanagement, welches die ereignisreiche Entwicklung des Gebietes Sparrplatz skizziert. Zudem können sich alle Besucherinnen und Besucher wie gewohnt mittels einer “Suche-Biete-Wand“ sowie bei einem “Speed Dating“ vernetzen und neue Verbündete suchen. Die populäre Veranstaltung wird hoffentlich zukünftig in dieser oder ähnlicher Form weitergeführt werden.

Einige etablierte Formate wie der “Lebendige Adventskalender“ haben sich schon in diesem Jahr eigenständig und erfolgreich um Finanzierung bemüht und wir hoffen, dass so auch andere Formate fortgesetzt werden können. Hierfür braucht es Zeit, um geeignete Finanzierungsmöglichkeiten zu erschließen. Wir hoffen hierbei auch auf die Unterstützung von Politik und Verwaltung, damit etablierte Projekte im Kiez auch weiterhin ohne großen bürokratischen Mehraufwand umgesetzt werden können.