Gemeinschaftsgärten

Worum geht’s und was hat das Projekt mit Klima zu tun? 

Vielfach inspiriert von den nachbarschaftlichen community gardens in New York sind Gemeinschaftsgärten „[…] gemeinschaftlich und durch freiwilliges Engagement geschaffene und betriebene Gärten, Grünanlagen und Parks mit Ausrichtung auf eine allgemeine Öffentlichkeit“ (Rosol, 2006). An diesen „Orten des Selbermachens“ werden oft ressourcenschonende, klimafreundliche Praktiken genutzt und vermittelt.
Bei guter gärtnerischer Praxis tragen sie zum Bodenschutz und zur Bodenentwicklung bei. Und Bodenschutz ist immer auch Klimaschutz, da in den bewirtschafteten Böden mehr Kohlenstoff gespeichert wird als in der oberirdischen Bepflanzung. Durch Kompost werden torfhaltige Erden sowie klimaschädlich hergestellte chemische Dünger ersetzt. Gemeinschaftsgärten bilden als grüne Orte durch schattenspendende Pflanzen und Verdunstung von Regenwasser städtische kühle Inseln, was vor allem in hochverdichteten Innenstadtquartieren der Klimaanpassung dient und gesundheitsrelevant ist.
Ebenso trägt die Regenwasserversickerung in bodengebundenen Gemeinschaftsgärten zur Klimaanpassung bei, da Schäden durch Starkregenereignisse lokal abgemildert werden können. Auch die, neben Verdunstung und Versickerung, dritte Komponente des lokalen Regenwassermanagements – der Regenwasserrückhalt – kommt in Gemeinschaftsgärten öfter zum Tragen, was die Nutzung von Trinkwasser zur Bewässerung spart. Häufig stellen Gemeinschaftsgärten Experimentierräume für Stadtgrün dar: Durch gezielte Sortenwahl und -wechsel werden Hitze- und Trockenresistenz verschiedener Arten „auf die Probe“ gestellt und ressourcenschonende Bewässerungsmethoden entwickelt. 

Was wird gemacht?

  • Soziales Grün: Gestaltung von öffentlich zugänglichen grünen Begegnungsorten durch Umwandlung von Brachen, Integration in öffentliche Grünanlagen, Öffnung von Schulgärten, Innenhöfe etc.   
  • Nachbarschaft und Teilhabe: Begegnung und Austausch, Stadtraum gestalten, gemeinsam pflanzen, ernten, feiern, ohne Konsumzwang
  • Kooperation: zum Beispiel Pflanzentausch mit anderen Gärten, DIY-(Do it yourself)-Workshops mit offenen Werkstätten oder Repair-Cafés (zum Beispiel Hochbeete, Lastenräder, Sitzmöbel, Sonnenschutz, Gartenwerkzeuge reparieren, Lehmöfen), häufig Zusammenarbeit mit Schulen und Kitas (Umweltbildung, Ernährungsprojekte), Mietergärten mit Wohnungsbaugesellschaften
  • Bildung: Umweltbildungsangebote, zum Beispiel zu Klimawandel, Artenvielfalt und Nutzpflanzen, Insektenhotels bauen, mit Pflanzen färben und Ernährungsprojekte, Bildung für Demokratie und Empowerment, durch gemeinsame Entscheidungsprozesse, Selbstorganisation und -verwaltung
  • Recycling: Bauen mit wiederverwendetem Baumaterial, Abwassernutzung (zum Beispiel Grauwassertürme), Bodenverbesserung durch Kompostieren
  • Gesundheit: Bewegung an der Luft, Erzeugung gesunder Lebensmittel, Begegnung und Gemeinschaft, Hitzeschutz
  • Citizen Science: Datenerhebung im Garten, zum Beispiel zu Temperaturentwicklungen und Niederschlag, Bewässerungsmethoden, Bodenschutz und -verbesserung

Das „Soziale Klimaprojekt“ Helle Oase zeigt ein konkretes Beispiel für vielfältige Aktivitäten mit Klimabezug in Gemeinschaftsgärten.

Was bringt’s?

Gemeinschaftsgärten verhelfen Berlin zu mehr Umweltgerechtigkeit, denn sie können zur Vermeidung, Reduzierung und Kompensation von Umweltbelastungen beitragen. Sie: 

  • schaffen Zugang zu (teilweise neuem) wohnortnahem Grün
  • können Lärm reduzierend und Feinstaub filternd wirken
  • sorgen für lokale Abkühlung und gesamtstädtischen Luftaustausch im Verbund mit anderen Grünflächen
  • kompensieren Belastung durch sozialen Austausch und nachbarschaftliche Hilfe, zum Beispiel bei der Beschaffung von Schutzmaßnahmen oder Gesundheitsversorgung 
  • wirken damit entlastend vor allem für die auch hinsichtlich der Umweltgerechtigkeit meist mehrfach belasteten Gebiete des Sozialen Zusammenhalts

Gemeinschaftsgärten 

  • bieten lokalen Zugang zu gesunden Lebensmitteln
  • vernetzen essbare Stadtprojekte, zum Beispiel durch gemeinsame Workshops, Saatguttausch etc.
  • bilden Brücken zur regionalen Landwirtschaft, zum Beispiel als Verteilstationen für Solidarische Landwirtschaftsinitiativen
  • tragen zur Ernährungswende durch Bildung und Praxis bei
  • unterstützen im Anbau eine bestäuberfreundliche Stadt

und sind deshalb Schlüsselprojekte für „Essbare Kieze“ im Rahmen des in der Erarbeitung befindlichen EdiCitNet-Masterplans für Berlin.
Immer häufiger wird auch der ökonomische Wert von Gemeinschaftsgärten, zum Beispiel die produzierten Nahrungsmittel, diskutiert. Neue Erkenntnisse dazu hat das bundesweite interdisziplinäre Forschungsprojekt GartenLeistungen 2022 aufbereitet.

Guter Rat für andere Quartiere

  • Berlin wurde „Hauptstadt der Gemeinschaftsgärten“ in Deutschland schon vor der Förderung durch das Programm Sozialer Zusammenhalt. Es gibt also viele langjährige Erfahrungen. Deshalb: Austausch zwischen neuen und bestehenden Gärten zum Beispiel auf Bezirksebene anregen. 
  • Nicht nur neue, vor allem auch bestehende Gemeinschaftsgärten brauchen Unterstützung. Oft helfen dabei schon wenige finanzielle Mittel und Unterstützung bei der Zusammenarbeit mit Fachämtern oder Flächengebern. Das in Arbeit befindliche Berliner Gemeinschaftsgartenprogramm kann ebenfalls eine Perspektive sein.
  • Gartenplanung von Anfang an mit den Gärtnernden, (Selbst-)Organisation der Gemeinschaftsgärten so früh wie möglich in die Hände der Gartengruppe geben. Projektbegleitend kann dabei helfen, die Initiativen zu coachen bzw. zu unterstützen, zum Beispiel bei Themen wie Selbstorganisation, Vereinsgründung, Nutzungsverträgen, Zuständigkeiten und Ansprechpersonen in Ämtern, Mittelakquise.
  • Langjährig erfahrene Unterstützungsstrukturen und Praxiswissen kennen und nutzen, zum Beispiel Plattform urbane Gemeinschaftsgärten der anstiftung
  • Hochbeet-Gärten können Lösungen für versiegelte oder belastete Flächen sein. Aus Nachhaltigkeitsgründen sind sie kritisch zu sehen: Bewässerungsaufwand, Bodenentwicklung, Materialbedarf, Vandalismus, temporär. Wenn möglich sollte das bodengebundene Gärtnern in Gemeinschaftsgärten unterstützt werden.
  • Einige kommunale Wohnungsbaugesellschaften sind sehr aufgeschlossen und bereits aktiv bei der Unterstützung von Gemeinschaftsgärten. Innenhöfe können nachhaltige Flächen für Gemeinschaftsgärten sein. Ein Beispiel ist das Engagement der DeGeWo, zum Beispiel in der Gropiusstadt und im Brunnenviertel.  

Bonus

Im EdiCitNet-Masterplan für Berlin, dessen Veröffentlichung 2022 geplant ist, wird es auch einen Praxisleitfaden für Quartiersmanagements zur Förderung „Essbarer Kieze“ geben.

Auch die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz will „Essbarer Projekte“ und konkret Gemeinschaftsgärten mit dem Ersten Berliner Gemeinschaftsgartenprogramm sowie mit der Berliner Ernährungsstrategie verstärkt unterstützen.

 

QM-Gebiet zum Beispiel Hellersdorfer Promenade, Mehrower Allee, Marzahn Nord, Brunnenstraße, Falkenhagener Feld, Bülowstraße / Wohnen am Kleistpark (bis 2020), Tiergarten Süd / Magdeburger Platz (bis 2016), Soldiner Straße, Badstraße, Pankstraße, Rixdorf
Förderung Aktionsfonds und Projektfonds

Weiterführende Links

Von den seit 2001 in Berlin entstandenen über 150 Gemeinschaftsgärten sind, verstärkt seit 2014, knapp 40 Gärten mit Unterstützung durch das Programm Soziale Stadt/Sozialer Zusammenhalt entstanden bzw. werden in Einzelprojekten mit Programmitteln gefördert. Hier nur einige Beispiele:

Vor- und Spitzenreiter bei der Unterstützung von Gemeinschaftsgärten ist der Bezirk Marzahn-Hellersdorf. Unter anderem mit Hilfe des Programms Soziale Stadt/Sozialer Zusammenhalt wurden und werden hier seit 2012 urban gardening Ansätze in über 15 Projekten gezielt unterstützt, oftmals ausdrücklich mit Klimabezug.

Auch Schulgärten, Abenteuerspielplätze und andere Orte der Umweltbildung sowie Kleingärten werden in Marzahn-Hellersdorf miteinander vernetzt.

Das QM Bülowstraße/Wohnen am Kleistpark unterstützte früh und bis zur Beendigung des QM im Jahr 2020 mehrere Gartenprojekte.

Von Anfang an wurde dabei an die Zukunft der Gärten auch nach QM gedacht und gezielt deren Vernetzung mitunterstützt.

Das QM Brunnenstraße hat den Mauergarten seit seiner Entstehung und die Wiederbelebung der Gleimoase unterstützt. Ein besonderes Potenzial hat das QM in den vielen einzelnen für das Kiezgrün engagierten Anwohnenden entdeckt, die zum Beispiel Baumscheiben begrünen, Kübel bepflanzen, Grünflächen vom Müll befreien. Das Projekt „BrunnenGärten – Grünräume nachbarschaftlich stärken“ setzt genau an diesem Potenzial an.

Weitere bestehende und neue Gemeinschaftsgärten im Wedding erfahren Unterstützung durch die QM Badstraße, Soldiner Straße und Pankstraße. Der Weddingweiser kennt die Gärten gut und berichtet regelmäßig zu gemeinschaftlichem Grün im Stadtteil.

In der Rollbergsiedlung in Neukölln unterstützt das QM seit 2022 den partizipativen Aufbau und Betrieb eines Gemeinschaftsgartens unter anderem in Kooperation mit der STADT UND LAND Wohnbautengesellschaft mbH als Flächengeberin.

Zur Bedeutung von Gemeinschaftsgärten im Quartier wurde 2015 in einer bundesweiten Studie ein Handlungsleitfaden für Kommunen entwickelt.

„Wissen wuchern lassen“ ist ein Bildungshandbuch zum Lernen in (und von) Urbanen Gärten (2014).

Eine nach wie vor vielzitierte wissenschaftliche Arbeit aus der Anfangszeit der Berliner Gemeinschaftsgärten: Rosol, Marit (2006): Gemeinschaftsgärten in Berlin. Eine qualitative Untersuchung zu Potenzialen und Risiken bürgerschaftlichen Engagements im Grünflächenbereich vor dem Hintergrund des Wandels von Staat und Planung

 

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