Am 20. März fand zum 3. Mal der Quartiersrätekongress im Berliner Abgeordnetenhaus statt. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatte die Quartiersräte aus allen Berliner Quartiersmanagement-Gebieten zum alljährlichen Austausch eingeladen: Einerseits als Dankeschön für all die Stunden ehrenamtlicher Arbeit, die die Quartiersräte für ihren Stadtteil investieren, andererseits sollen Austausch, Information und Vernetzung gefördert werden - untereinander und in den vielen unterschiedlichen Quartiersmanagement-Gebieten der Stadt. Wir haben Kiezmentorin Undine Ungethüm vom Quartiersmanagement-Gebiet Gropiusstadt-Lipschitzallee gebeten, vom Kongress zu berichten:
Nachdem Walter Momper alle Kongressteilnehmer im alten preußischen Landtagsgebäude willkommen geheißen und darauf hingewiesen hatte, dass - genau wie die Abgeordneten, die sonst hier sitzen - eben auch die engagierten Bewohner Berlins an politischen Entscheidungen mitwirken können, begrüßte die Senatorin für Stadtentwicklung Ingeborg Junge-Reyer die Teilnehmer mit den Worten: "Durch Sie ist Bewegung in die Quartiere gekommen!"
Die Quartiersräte, die sich ehrenamtlich für ihren Stadtteil engagieren und mitentscheiden, welche Projekte und Aktionen aus den Mitteln der "Sozialen Stadt" realisiert werden, sind die Schnittstelle zwischen Organisatoren und Auftraggebern wie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, dem Bezirk und dem Quartiersmanagement einerseits und den Bewohnern. Mit ihrem Vor-Ort-Wissen tragen sie maßgeblich zum Erfolg des Quartiersmanagements bei: Ohne Mitwirkung seiner Bewohner kann kein Stadtteil nachhaltig positiv verändert werden.
Quartiersräte arbeiten mittlerweile seit 10 Jahren an der Quartiersentwicklung mit und Senatorin Junge-Reyer betonte: "Wir trauen den Bürgern zu, selbst entscheiden zu können. [†¦] Und dass wir miteinander so erfolgreich sind, ist ein Beispiel dafür, dass die Bürger nun mal die wesentlichen Elemente einer Demokratie sind!" In den verschiedenen Quartiersmanagementgebieten der Stadt sind auch die Quartiersräte sehr unterschiedlich. In manchen Gebieten beteiligen sich viele Bürger und versuchen, ihre Interessen durchzusetzen und in anderen ist es schwierig, überhaupt Menschen zu finden, die sich für ihren Stadtteil engagieren. Deshalb betonte die Senatorin Junge-Reyer noch einmal: "Das Beste für die Quartiere kann nur erreicht werden, wenn wir uns gemeinsam auf ein Ziel verständigen!" Zum Schluss dankte sie den Quartiersräten für die Mühe, "die Sie sich miteinander und auch zugegebenermaßen mit der Verwaltung machen – und unterschätzen Sie Ihren Einfluss nicht, die Verwaltung hört auf Sie!".
Anschließend kamen die Quartiersräte zu Wort. Karam Samhat freute sich, dass die Bewohner aus der Spandauer Neustadt es geschafft haben, ihre Interessen im Kiez durchzusetzen. Diana Brandenburg vom Wassertorplatz in Kreuzberg wünscht sich noch mehr Engagement der starken Partner des Quartiersmanagements: "Wo sind die Wohnungsbaugesellschaften? Sie müssen mit ins Boot und wieder mehr an ihre Mieter denken." Klaus Wolfermann, engagierter Bewohner vom Sparrplatz der ersten Stunde, lieferte eine spannende Zusammenfassung der Erfahrungen während seiner langjährigen Arbeit als Quartiersrat. Er wies auf Schwachstellen im Verfahren hin: "Laien haben gegenüber etablierten Trägern keine Chancen, Projekte zu realisieren, wenn die Antragstellung so kompliziert ist!" Die Erfahrung lehrt auch, dass Erfolgsdruck nicht unbedingt ein guter Ratgeber ist und man auch mal Dinge riskieren muss, obwohl sie scheitern können: "Man darf auch mal erfolglos sein." Augenmaß, Erfahrung und Entschlossenheit zahlen sich aus, wenn ein Gebiet langfristig stabilisiert werden soll. Und leider bekommt man oft zu hören: „Das kostet aber Geld!“, wenn es um die Umsetzung von wichtigen sozialen Projekten geht. Klaus Wolfermann: "Ich frage Sie: Was aber kostet die Unterlassung?"
Nach dem Plenum haben sich alle Quartiersräte in fünf Arbeitsgruppen zu den Themen Projekt- und Ideenentwicklung, Verwaltungsvorschriften, Aktivierung und Beteiligung durch Öffentlichkeitsarbeit, Vernetzung der Quartiersräte und Nachhaltigkeitsstrategien zusammengefunden, um sich über Ideen, Erfordernisse und zukünftige Strategien auszutauschen. Zwischendurch gab es zur Stärkung ein schönes Mittagsbuffet, und man konnte sich in der Pause einen Überblick über alle Quartiere und ihre Beiräte verschaffen; alle 34 QM-Gebiete waren auf übersichtlichen Tafeln mit ihren Besonderheiten und Leitprojekten dargestellt.
In den Workshops wurde diskutiert und Erfahrungen aus den Stadtteilen geschildert. Die Ergebnisse wurden zu Thesen gebündelt, die dem Plenum vorgestellt wurden und als Handlungsempfehlungen in die zukünftige Quartiersrats-Arbeit einfließen sollen. So wurde zum Beispiel hervorgehoben, dass die Arbeit der Quartiersräte so transparent wie möglich gemacht werden soll, indem die Sitzungen möglichst öffentlich sein sollen und umgekehrt jeweils ein Sprecher des Quartiersrats in den Steuerungsrunden mit Quartiersmanagement, Bezirk, Senat und den starken Partnern dabei sein kann. Für Projektnehmer sollte es einen Leitfaden zu Antragstellung, Vergaberecht, Fristen und Modalitäten, um die Projektbeantragung vor allem für Bewohner zu vereinfachen. Die positive Identifikation der Bewohner mit ihrem Quartier ist sehr wichtig und muss nach außen transportiert werden. Erfolgreiche Projekte aus allen Quartieren sollten überregional beworben werden. Und die Nachhaltigkeit der Maßnahmen im Kiez muss wichtigstes Ziel bleiben und sollte zum Beispiel durch begleitende Evaluation hinsichtlich der Wirksamkeit eines Projekts, durch Öffentlichkeitsarbeit oder Regelfinanzierung von nachhaltigen Projekten gesichert werden.
Das Schlusswort sprach die Staatssekretärin für Stadtentwicklung, Hella Dunger-Löper.
Sie dankte den Quartiersräten für ihr ehrenamtliches Engagement in ihrem Umfeld: "Wir werden alles mitnehmen, was heute hier gesagt wurde, um Berlin auf dem Weg zu einer noch sozialeren Stadt voranzubringen!"